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Gib dich dem Schmerz hin. Empfange ihn und steh dazu. Spüre ihn und er löst sich auf.
Warum verstecken wir unseren Schmerz hinter all möglichen Dingen?
Warum unterdrücken, betäuben, übertönen, ignorieren, verdrängen wir ihn?
Die bekannteste Art den Schmerz zu betäuben, ist der Alkohol oder sogar härtere Suchtmittel. Wobei genaugenommen alles als Suchtmittel gewertet werden kann. Sobald ich etwas einnehme oder mache, um mich von meinem Schmerz abzulenken. Es kann auch zu viel Arbeit eine Droge sein. Wir stürzen uns in Arbeit, um uns vom Schmerz abzulenken. Auch die ständige Suche nach Gesellschaft – ja nicht alleine sein, um ins Grübeln und nachdenken zu verfallen. Selbst Musik kann zur Sucht werden wenn man sie benützt, um ständig seine Gedanken zu übertönen, um sie mit Geräuschen zu unterdrücken.
Ich selbst habe einiges davon praktiziert, ich habe mich in Arbeit gestürzt und mich mit Musik voll gedröhnt. Musik liebe ich heute noch und es ist nach wie vor Heavy Metal, Punk, usw. dabei, aber meistens höre ich schon Musik mit Herz und Sinn, Musik zum Nachdenken.
Wie oft weichen wir aus? Wie oft belügen wir uns selbst?
Diejenigen, die schon Erfahrung gemacht haben, mit der Suche nach sich selbst.
Sich gefragt haben: »Was will ich wirklich?«
Wie oft haben wir uns selbst belogen, uns eingeredet: „Mir geht es gut!“ oder
„In meiner Arbeit ist gerade so viel zu tun und nur ich kann das oder es ist gerade kein anderer da!“
Wo ist die Grenze zwischen gerne machen und vor etwas davon laufen, etwas unterdrücken?
Wo ist die Grenze zwischen Genuss und Betäubung? Jeder weiß, dass Alkohol keine Probleme löst. Sie sind nach dem Ernüchtern noch immer da und wenn man es zu lange betreibt, bekommt man nur mehr Probleme. So ist es aber auch mit dem Davonlaufen, Übertönen, Ignorieren - der Schmerz verschwindet nicht. Er ist da, frisst weiter, tief unten bohrt er und wühlt er und arbeitet unbemerkt. Irgendwann kommt er hoch, irgendwann holt er dich ein und du bist nicht gefasst darauf. Er kommt wie ein Tsunami und fegt all deine Mauern, all deine Barrikaden weg.
Was geschieht, wenn wir in unserem Schmerz stehen bleiben? Bleiben wir in ihm, verharren wir in unserem Schmerz und beobachten, was sich entwickelt.
Veit Lindau hat es in einem Osterspezialbeitrag in Opus treffend formuliert, bzw. eine wunderbare Metapher mit der Kreuzigung Jesus gebracht.
Wenn man ein Kreuz betrachtet, ist dort wo sich Längs- und Querbalken treffen die Mitte vom Querbalken. Jesus hängt am Kreuz. Er fühlt den Schmerz, er bleibt in ihm. Ja, manchmal mit verzweifelten Rufen: „Gott, Vater, wieso hast du mich verlassen?“ Ja, auch ihn überkamen Zweifel an seinem Tun, ob es richtig war, diese Schmerzen auf sich zu nehmen. Doch er verharrte in ihnen, nahm sie an, um in seine Mitte zu kommen. Viele werden jetzt sagen: »Ja, er hatte keine andere Wahl, er wurde ja gekreuzigt!« Das stimmt. Aber wenn wir genau hinsehen haben wir auch keine andere Wahl als unsere Schmerzen, Verluste, Ängste anzunehmen und in ihnen zu verweilen. Bis sie sich auflösen.
Jesus verharrte im Schmerz aber er war nicht alleine. Sein Leidensweg begann ja nicht am Kreuz sonder schon viel früher. Er wurde wegen dem, was er tat, verspottet. Er blieb bei sich, zeigte Gefühle. Am Kreuzweg wurde er bespuckt und geschlagen aber ihm wurde auch geholfen. Das ist das Schöne. Es gibt immer wieder Menschen, Freunde aber auch unverhofft Fremde, die einen, trotz allem Leiden zur Seite stehen und dich auf deinem Weg auch unterstützen. So wie am Leidensweg Jesu, ihm wurde auch für ein kleines Stück des Weges das Kreuz – die Last abgenommen. Dadurch schaffte er seinen Weg - seinen Weg im Schmerz zu verweilen. Er gab sich ihm hin und schlussendlich ist er an seinem Schmerz gestorben.
Aber ist er wirklich gestorben? Nein! Er hat sich nicht nur seiner Hülle entledigt, ich würde sagen er hat sein altes Ich abgelegt und ist dann schöner, prächtiger und erleuchteter auferstanden. Der Leidensweg, das im Schmerz bleiben hat ihn befreit von einer unsäglichen Last.
Kennen wir so was nicht noch von wo her?
…...Oh ja richtig, es gibt da noch eine ähnliche Geschichte!
Der Phönix, der aus der Asche stieg. Der Phönix, der vor lauter Wut und Hass sich selbst verbrannte. Er stand in Flammen und ertrug die Schmerzen, um dann letztendlich prächtiger, schöner und leuchtender aus der Asche aufzuerstehen.
In vielen Religionen wird an die Wiedergeburt geglaubt.
Ist es aber nicht so, dass wir schon zu Lebzeiten manchmal sterben müssen um weiter zukommen? Einfach unser altes, schmerzerfülltes Ego aufgeben?
So wie Falko gesungen hat: „Muss ich denn sterben, um zu leben?“
Ich glaube, ja!
Ja, um des Friedens willen.
Es nützt nichts, den Schmerz zu verdrängen oder zu betäuben, er ist immer noch da. Er nagt in dir, er frisst in dir, er zehrt an dir. Wie ein Krebsgeschwür breitet er sich aus und nimmt dir all deine Energie. Nimmt dir all deine Liebe, deine Freude und verwandelt dich in ein hasserfülltes, verbittertes Wesen. Es nütze also nichts, ihn zu betäuben. Es ist vergleichbar mit der heutigen Medizin. Die setzt sich nur mit den Symptomen auseinander, bekämpfen den Schmerz aber nicht die Ursache! Solange nicht die Ursache bekämpft wird, kann man nicht gesunden. Genauso wenig wird der Schmerz vergehen, wenn man sich nicht mit ihm und seiner Herkunft auseinander setzt!
Also – bleiben wir in ihm stehen, setzen wir uns mit ihm auseinander. Solange, bis wir in ihm sterben – sterben, um dann wieder heller und schöner aufzuerstehen.
Um mit uns ins Reine zu kommen und unseren inneren Frieden zu finden.
Danke fürs Lesen und Praktizieren!
euer Mike
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